Geschichte(n)

Bildungsangebot immer auf der Höhe der Zeit

Bildungsangebot immer auf der Höhe der Zeit

 Im Schuljahr 2014/2015 feierte die Josef-Schmitt Realschule ein Doppeljubiläum. Es war nicht nur 60 Jahre her, dass man auf das Bestehen einer Mittelschule in Lauda-Königshofen stolz sein durfte, auch der Realschulbau feierte seinen 45. Geburtstag.

1954 - 1964: Anfänge
Man kann die Geschichte der Realschule Lauda nicht dokumentieren, ohne die Verdienste der Gemeinde, des Gemeinderates, der Stadtverwaltung und der Bürgermeister der Stadt Lauda-Königshofen zu erwähnen. Mit dem einstimmigen Beschluss des Gemeinderates vom 8. März 1954, in der Volksschule in Lauda eine 5., 6. und 7. Aufbauklasse einzurichten, die bei "genügendem Interesse" (Gemeinderatssitzungs-Protokollbuch Nr. 152) später um eine 9. und 10. Aufbauklasse erweitert wird, wurde der Grundstein für die spätere Realschule gelegt. Am 17. Mai 1954 stimmte das Kultusministerium dieser Entscheidung zu. Auch bei der Finanzierung zeigte sich das Engagement der Stadt: 1956 erklärte sie sich bereit, 50 Prozent des Lehrstellenbeitrags zu übernehmen und das trotz angespannter Haushaltslage. Da der Mittelschulzug nur "vorläufig" genehmigt war, stand es der Schule nicht zu, Gastschülerbeiträge zu erheben, obwohl bereits 1958 knapp 90 auswärtige Schüler den Mittelschulzug besuchten. Dieses finanzielle Problem war Anlass, die endgültige Anerkennung des Mittelschulzuges zu beantragen, welchem am 13. März 1959 zugestimmt wurde. Dieser Meilenstein markierte für die Gemeinde eine wichtige Phase der Stadtentwicklung. 1959 besuchten 201 Schüler die Mittelschule, davon waren 88 Gastschüler. 1960 stieg die Schülerzahl auf 230, wobei die 110 Gastschüler einen Anteil von 48 Prozent ausmachten. Landesweit wuchsen die Mittelschulen und benötigten immer mehr Platz. In Lauda begegnete man diesem Raumproblem mit einem Erweiterungsbau (heute Werkrealschule), der 1961 die Raumnot etwas linderte. Nachdem sich der Mittelschulzug in Lauda etabliert hatte, war es folgerichtig, dass zehn Jahre nach dem Start die Umwandlung in eine eigenständige Mittelschule beantragt wurde, was der Gemeinderat am 16. November 1964 auf den Weg brachte. Zu diesem Zeitpunkt besuchten 487 Schüler die Volks- und Mittelschule.

1964 - 1974: Schülerzahlen steigen
Mit Erlass vom 29. April 1965 stimmte das Kultusministerium der vom Gemeinderat beschlossenen Umwandlung des Mittelschulzuges in eine eigenständige Mittelschule ab dem Schuljahr 1965/66 zu. Konrektor J. Hörner wurde beauftragt, die Schule bis zur Bestellung eines Mittelschulrektors zu leiten. Paul Faulhaber wurde am 15. Juni 1966 in das Amt des ersten Rektors eingeführt. Faulhaber hatte seit mehreren Jahren im Rahmen der Erwachsenenbildung Vorträge gehalten. Seit 1966 wurde ein Neubau der - nun als "Realschule" firmierenden - Schule vorangetrieben. Am 4. September 1967 begann mit dem Spatenstich durch Bürgermeister Boxberger der erste Bauabschnitt. Im Dezember 1968 wurde Richtfest gefeiert und zum Schuljahr 1969/1970 zogen 400 Schüler in die zwölf Klassenzimmer ein, wobei auch Nebenräume wie Werkräume, Musik- und Zeichensaal zur Verfügung standen. Obwohl es sich um einen Neubau handelte, wurde bereits hier die Raumnot deutlich, die sich in den kommenden Jahren noch verschärfen sollte. Die zweizügig angedachte Realschule wuchs auf drei- beziehungsweise teilweise sogar vier Züge an. Raumprobleme und eine hohe Lehrerfluktuation bestimmten die Arbeit von Rektor Faulhaber und seinem Kollegium. Erst der Bau des benachbarten Gymnasiums sollte Erleichterung bringen.

1974 - 1984: Wachstum
Die Realschule hatte sich mittlerweile etabliert und belegte mit steigenden Schülerzahlen ihre Notwendigkeit. Zudem entwickelte sie sich immer mehr zum Kulturträger: Musical- und Theateraufführungen, Singspiele, vorweihnachtliche Schulfeiern, Adventskonzerte und Plattenpartys geben bis heute Aufschluss über die große kulturelle Bedeutung der Schule. Aber auch das Engagement für andere stand auf der Agenda des schulischen Arbeitens. So wurde 1974 unter Federführung von Verbindungslehrer Kilb eine Schulfeier durchgeführt, deren Erlös an die Sonderschule für Bildungsschwache in Distelhausen überreicht wurde. Ebenso konnte die Realschule im Bereich Sport schöne Erfolge aufweisen, zum Beispiel im Tischtennis, Fußball, Bogenschießen und Fechten. 1977 feierte Rektor Faulhaber sein 25-jähriges Dienstjubiläum.

Dass die Realschule ihren Bildungsauftrag immer sehr ernst nahm, zeigen Veranstaltungen wie die Gedenkfeier zur Reichskristallnacht 1978. Die Realschule war immer auf der Höhe der Zeit mit ihrem Bildungsangebot. So wurden in den 70-er Jahren Neuerungen wie das Maschinenschreiben oder die Stenografie eingeführt, positionierte sich die Realschule damit doch als Konkurrenz zur damaligen Handelsschule.

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Titelbild der Festschrift 25 Jahre Realschule Lauda-Königshofen

Just zu diesem Jubiläum erreichte die Realschule ihren höchsten Schülerstand. 687 Schülerinnen und Schüler besuchten zu diesem Zeitpunkt die Realschule in 24 Klassen. Zwischenzeitlich verteilten sich die Schüler der Realschule auf das Hauptgebäude, das Gymnasium sowie auf zwei weitere Gebäude. Immerhin gelang es in dieser Zeit, das Problem der Lehrerfluktuation zurück in die Ballungsräume zu stoppen.

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Titelbild der Informationsschrift 30 Jahre Realschule Lauda-Königshofen

Als starke und geschätzte Schule etabliert

Alternativer Text
Musical- und Theateraufführungen, Adventskonzerte und Plattenpartys - im Lauf der Zeit hat sich die Realschule zum Kulturträger entwickelt.

1984 - 1994: Neuanfang
Nicht nur die Organisation der Dreißig-Jahr-Feier war Schwerpunkt des Jahres 1984, sondern auch die Bestrebungen, dem "grauen Betonkasten" Realschule etwas Farbe zu verleihen. In einer Nacht- und Nebelaktion hatten zwei Schüler bereits eigenmächtig versucht, mit großen Blumenbildern dem Grau der Schule zu Leibe zu rücken. Dies endete mit einer Strafanzeige, die aber durch Bürgermeister Ansel, der das Ansinnen der Schüler nachvollziehen konnte, zurückgenommen wurde.
Neben dem Engagement von Schule und Schülern, fand auch das Engagement im Umweltschutz viel Lob: Unter Leitung von Lehrer Josef Gulde war ein Schulgarten angelegt worden. Im gleichen Jahr hielt der erste Computer Einzug in die Realschule.
Ende der 80er Jahre gingen die Schülerzahlen zurück, was zu einer Entspannung in Bezug auf die Raumsituation führte, wenngleich noch immer weit über 400 Schüler die Schule besuchten. Vor allem der Mangel an naturwissenschaftlichen Fachräumen war eklatant. Am 14. Januar 1989 feierte Rektor Faulhaber seinen 60. Geburtstag. Im Rahmen dieses Geburtstags veranlasste er eine Besonderheit, die die Realschule bis heute begleitet: Er stiftete der Schule den Rektor-Faulhaber-Preis in Höhe von 500 DM, der jedes Jahr an den besten Schüler des Abschlussjahrganges verliehen wird.

1989 war es soweit: Mit 1,5 Millionen Mark sollte der Um- und Ausbau der Realschule vorangetrieben werden. Neben neuen Fachräumen sollten auch das Lehrerzimmer umgebaut und weitere Auflagen des Oberschulamtes erfüllt werden.
Bereits 1990 wurde an der Realschule die Aktion "Gesundes Frühstück" durchgeführt - eine Aktion, die heute starke Beachtung findet, wobei der Schule hier große Unterstützung durch ortsansässige Geschäfte zuteilwurde.
1991 blickte Rektor Paul Faulhaber auf 25 Jahre als Leiter der Realschule und 40 Jahre im Schuldienst zurück - Gregor Brendel übernahm 1992 das Amt des Rektors.

Trotz der geplanten Umbaumaßnahmen kam es zu Streitigkeiten, wie und von wem die Räumlichkeiten genutzt werden sollten. Erst ein "Machtwort" des Oberschulamtes, das eine knappe Dreizügigkeit der Realschule prognostizierte, rechtfertigte den Bedarf weiterer Klassenzimmer. Dennoch erfolgte bis 1993 keine Finanzierungszusage des Landes. Der Gemeinderat drängte auf einen Baubeginn und reichte ohne Zusicherung der Finanzmittel einen Bauantrag ein. Stadtverwaltung und Gemeinderat setzten einmal mehr ein Zeichen und stellten Mittel für den Haushalt 1994 bereit.

1994 - 2004: stetiger Wandel
Mit dem Bezug des Neubaus begann für die Realschule die Zeit des Wandels: Unter Rektor Brendel wurde die Schulentwicklung vor dem Hintergrund eines neuen Bildungsplanes vorangetrieben. Sportwettkämpfe, Musicalaufführungen, Bananenaktion, Schullandheimaufenthalte in Südtirol oder auf Helgoland, eine Schulsanitäts- und eine Computer-AG sind nur einige Belege für ein reges Schulleben. Brendel informierte sich zudem - bevor die Entscheidung des Gemeinderates für den geplanten Anbau fiel - bereits vorab darüber, wie pädagogische Konzepte umgesetzt werden können.

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Titelbild der Festschrift 40 Jahre Realschule Lauda-Königshofen

2004 - 2014: Aufschwung
Das bislang letzte Jahrzehnt der Geschichte der Realschule Lauda-Königshofen war und ist geprägt von großen bildungspolitischen Veränderungen, Personalwechseln und stark schwankenden Schülerzahlen. Rektor Gregor Brendel übergab den Schulleiterstab 2005 an seinen bisherigen Stellvertreter Norbert Linhart. Unter ihm wurde mit der Sanierung der Schule begonnen, die dem Gebäude neuen Glanz verlieh. Wegbereiter dieser Sanierungsmaßnahmen waren einmal mehr Stadtverwaltung und Gemeinderat, die die Sanierung klug planten und für einen sinnvollen Einsatz der Gelder sorgten. 2011 wurde Jochen Groß, zuvor Konrektor, zum Schulleiter der Realschule Lauda-Königshofen ernannt. Er führte die Sanierungsarbeiten zu Ende und durfte - nachdem die damalige Elternbeiratsvorsitzende Anita Ballier den Prozess zur Namensfindung der Schule einleitete - mit Unterstützung von Bürgermeister Maertens und dem Heimat- und Kulturverein Lauda der Schule einen neuen Namen geben. Kaum drei Jahre im Amt hatte Rektor Groß bereits einiges zu meistern: So wurde die Schule mehrfach von Einbrechern heimgesucht, die Schäden und Chaos hinterließen. Einschneidend war der Brand im Verwaltungstrakt im Dezember 2011, der Ursache dafür war, dass die Schule von einer "mobilen Verwaltung" aus gesteuert werden musste.

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Titelbild der Informationschrift des HKV Lauda e.V.

Trotz aller Schwierigkeiten gelang es Groß, die Schülerzahlen, die sich zwischenzeitlich auf 320 verringert hatten, zu stabilisieren und sogar zu steigern, so dass die JSR zu Beginn des Schuljahres 2014/2015 den größten Schülerzuwachs aller Laudaer Schulen verzeichnete. Aktuell besuchen 375 Schülerinnen und Schüler die Josef-Schmitt-Realschule.

Das Schulleitungsteam, Rektor Jochen Groß und Konrektor Steffen Siegert, lenkten die Schule durch die erste vom Landesinstitut für Schulentwicklung durchgeführte Fremdevaluation, bei der die Josef-Schmitt-Realschule hervorragend abschnitt, ein Zeichen für das erfolgreiche Wirken aller am Schulleben Beteiligten, der die Josef-Schmitt-Realschule als starke, von den Eltern gewünschte und geschätzte Schulart etabliert hat.

Schule vorbei - Erinnerung bleibt

Was ist Schule? Stellt man diese Frage, so erhält man verschiedene Antworten. In diesem Teil der Serie werfen Lehrer und ehemalige Schüler einen Blick auf die Josef-Schmitt-Realschule.

Lehrerperspektive
Auf über 80 Jahre im Dienste des Landes Baden-Württemberg für Schüler und Schule in Lauda bringen es Heidrun Kilb und Ilse Tischler. Sie haben sich zusammengeschlossen und einen Geburtstagsgruß aus Perspektive der Lehrer verfasst.

"Seit dem Schuljahr 1974/75 arbeiten wir gerne an dieser Schule. Wir haben Wandel in Bildungsplänen und Bildungsaufträgen mitbekommen. Wir freuen uns über die Verbundenheit ehemaliger Schülerinnen und Schüler, die uns ihre Kinder anvertrauen. Der Austausch mit früheren Schülern bei Klassentreffen gefällt uns", so die Lehrerinnen.

Die Gespräche mit Ehemaligen und deren Eltern zeigten, dass die Schule Spuren hinterlassen hat. Deshalb bilde sich das Kollegium immer fort, um für künftige Schüler "up-to-date" zu sein. "Wir denken die Realschule bietet auch heute noch allen Schülern eine gute Grundlage im sprachlichen, technischen, naturwissenschaftlichen und musischen Bereich für den Besuch einer weiterführenden Schule oder den Berufseinstieg."

Die Sicht ehemaliger Schüler
Viele Schüler haben ihre Schulzeit an der Josef-Schmitt-Realschule absolviert. Viele davon haben im Anschluss eine Ausbildung begonnen, andere sind weiter zur Schule gegangen.

Dass die Realschule verschiedenste Wege des beruflichen Werdegangs ermöglicht, zeigen Fragen an ehemalige Schüler der Abschlussjahrgänge 1974, 2004 und 2014: Thomas Götzelmann (Lauda), Anna Wagner (Grünsfeld) und Lukas Arbinger (Lauda) stellen sich Fragen zu ihrer Schulzeit.

Sie erinnern sich beispielsweise an den Gebäudewechsel vom damaligen "Schulhotel" am Bahnhof in das neue Schulgebäude Becksteiner Straße. Oder auch an den starken Klassenzusammenhalt, Projekte und ein gutes Verhältnis zu den Lehrern und Mitschülern.

Zu den größten "Aufregern" während ihrer Schulzeit zählen die Ehemaligen unter anderem eine Stinkbombe, die ein Klassenkamerad im Klassenzimmer gezündet hat. Als eine der schönsten Erinnerungen blieb das Musical "König der Löwen" im Gedächtnis, für das die Schüler viel geprobt hatten.

 

Schule auf dem Weg zum Dienstleister?

Schule auf dem Weg zum Dienstleister?

Wenn man, wie die Josef-Schmitt-Realschule, Geburtstag feiert, dann ist auch eine Gelegenheit in die Zukunft zu blicken. Organisationen wandeln sich kontinuierlich: Da wird ein neuer Bildungsplan auf den Weg gebracht, ein Leitbild implementiert oder ein Schulprogramm eingeführt. Die Veränderungen in der Umwelt und die Veränderungskräfte wie neue Technologien, Organisationsautonomie, Rankings, demografischer Wandel und Evaluationen sorgen dafür, dass die Entscheidungsträger in Schul- und Bildungseinrichtungen gezwungen sind ihre Organisationsstrukturen zu überdenken.

Deutlich wird dies beim Blick auf die Schule und ihre Anspruchsgruppen. Angefangen von Staat und Schulaufsichtsbehörden über Schulangehörige, Bildungsanbieter, Unternehmen, Medien und die Gesellschaft haben all diese Gruppen Ansprüche, Werte, die vermittelt werden sollen und Ressourcen, die sie zur Verfügung stellen, aber auch zurückerwarten.

Im Rahmen dieser neuen Fokussierung auf den Bereich Schulqualität und Unterrichtsentwicklung wurden Begrifflichkeiten aus der Wirtschaft aufgenommen und als Vorgaben an Schulen weitergegeben.

Auch das "Leitbild" war ein solcher Begriff. Jede Schule muss sich ein Leitbild geben. Den Grundsatz von Mark Twain "wer nicht weiß wo er hin will, darf sich nicht wundern, wenn er woanders ankommt" wurde oftmals ignoriert. Es entstanden Leitbilder, deren Erarbeitung in vielen Fällen nicht nur zeitaufwendig, sondern das Ergebnis, aufgrund unrealistischer Ziele, unzureichend war. Erst mit einem Zugeständnis größerer organisatorischer Autonomie und einer Unterstützung der Schulen durch geschultes Personal konnten notwendig gewordenen Veränderungen strukturiert angegangen werden. "Nichts ist beständiger, als der Wandel." Dieses Zitat von Heraklit zeigt, was auf die Schule zukommen wird, wenn sie in das 61. Jahr ihres Bestehens geht.

Interview mit RR i.R. Paul Faulhaber und RR Jochen Groß

Der erste und der aktuelle Rektor der Josef-Schmitt-Realschule trafen sich - zusammen mit dem Fragesteller Steffen Siegert - zu einem Interview, um in diesem Rahmen über den 60. Geburtstag der Realschule zu sprechen.

Herr Faulhaber, sie waren vermutlich einer der ersten, der dieses Schulgebäude 1969 betreten hat. Wie geht es Ihnen heute, wenn Sie dieses Gebäude 45 Jahre später betreten?
Paul Faulhaber: Es geht mir so, wie es allen Menschen geht, die damals gelebt haben und die in der heutigen Zeit staunen und bewundern, welche wirtschaftlichen, technischen, wahrscheinlich auch pädagogischen Aufschwung unsere Bunderepublik und damit inbegriffen natürlich auch unser Bundesland und unsere Stadtgemeinde Lauda-Königshofen genommen hat. Es ist ungeheuer erstaunlich, wenn man sieht, was hier nun möglich ist, wenn eine Gemeinde das bewahrheitet, was sie vorgibt, nämlich eine Schulstadt zu sein. Und das ist durch den Bau des ersten Steines des Schulzentrums wahr geworden, das die Realschule war und die dann anschließenden Gebäude, die wirklich hier nun funktional, meiner Ansicht nach alle Anforderungen erfüllen, die man – so habe ich mich bei euch überzeugen können – heute an eine Schule stellt.

Herr Groß, sie waren selbst Schüler der Realschule unter dem Rektor Faulhaber. Wo glauben Sie liegen seine Verdienste für diese Schule?
Jochen Groß: Herr Faulhaber hat ganz sicher hauptverantwortlich dazu beigetragen, dass er die Schulart Realschule in Lauda etabliert und zur Blüte getrieben hat. Vor 50 oder 60 Jahren war es sicher nicht selbstverständlich, seine Kinder, vor allem seine Töchter, an einer höheren Bildung teilhaben zu lassen und sie auf eine Realschule zu schicken. Durch viel Überzeugungsarbeit konnte sich die Realschule in Lauda schließlich als eine weiterführende Schule, die anschließend alle Möglichkeiten offen lässt, etablieren. In den Anfangsjahren ging es hauptsächlich um eine möglichst gute Ausbildung, später auch um ein Fundament für ein eventuelles Studium. Es ist der große Verdienst von Herrn Faulhaber, die Schulart Realschule schon so früh in Lauda etabliert zu haben. Andere Städte und Gemeinden waren da deutlich später dran.
Paul Faulhaber: Ich möchte noch ergänzen, dass es nicht einfach war, dass damals der Wind uns sehr ins Gesicht geblasen hat. Schon allein dadurch, dass hier nun ein Gymnasium kommt und man hat ja Vorstellungen vom Gymnasium gehabt, auch im Stadtrat, dass man hier plötzlich Pfarrerstellen ohne Ende bekommt. Kein einziger kam!
Man musste damals auch sehen, Lauda baut sich auf, als Konkurrenzstadt und überflügelt im Moment sogar Tauberbischofsheim als Schulstadt. Und das war für Lauda, die immer schon zwischen Bad Mergentheim und Tauberbischofsheim lagen, eine wichtige Entwicklung. Wir waren ja zu Glanzzeiten viel mehr Schüler, als die Realschule Tauber. Auch als die Realschule Bad Mergentheim. So das sich herausgestellt hat, auch in Lauda ist schulisches Leben möglich, Wirklichkeit und ist auch nun sagen wir mal zu einem Höhepunkt zu bringen.
Jochen Groß: Das Lauda seit vielen Jahren gerade in schulischer Hinsicht Mittelzentrumsfunktionen inne hat, liegt sicher an der frühen Einrichtung einer Realschule. Später folgte, als Ergänzung in Lauda und als Konkurrenz zu Bad Mergentheim und Tauberbischofsheim, das Martin-Schleyer-Gymnasium.
Schulleiter, Bürgermeister und Gemeinderäte mit Visionen sowie eine gute Verkehrsanbindung haben dazu beigetragen, dass Lauda zu einem wichtigen Schulstandort geworden ist.

An welches Ereignis aus ihrer Schulzeit erinnern sie sich denn am liebsten?
Paul Faulhaber: Am liebsten erinnere ich mich eigentlich an die 25-Jahr-Feier. Und da habe ich ja auch der Realschule Glück gebracht. Einer der Eltern hat mir bei der 25-Jahr-Feier ein Ferkel, ein Schwein gestiftet. Dieses Ferkel habe ich nun auf den Arm genommen – während meiner Rede kam er hoch auf die Bühne und hat mir das Ferkel gegeben – ich habe das auf den Arm genommen und das Ferkel hat mich „beschissen.“ Und nun kann man ja sagen Ferkel sind Glücksbringer. Und wenn man davon noch beschissen wird, dann ist das ja doppeltes Glück, das man hat. Es gab natürlich viele, viele Glücksmomente an der Schule, wenn man gesehen hat, dass man z.B. jungen Menschen die Möglichkeit gegeben hat hier bei uns im ländlichen Raum zu einem beruflichen Aufstieg zu verhelfen. Es war auch die Zusammenarbeit mit dem Kollegium – es war nicht immer reibungslos – brachte Glücksmomente. Ich erinnere mich auch an Schülerinnen und Schüler von anderen Realschulen, die dort verwiesen wurden und die ich aufgenommen habe, aus denen was geworden ist.

Die Realschule war die erste weiterführende Schule in Lauda. Später kam dann noch das Gymnasium, die Förderschule und seit diesem Schuljahr auch die Gemeinschaftsschule hinzu. Wie sehen sie beide die Position der Realschule, speziell in der Laudaer Schullandschaft?
P.F.: Ich habe mich zu dieser Thematik ja bereits in Leserbriefen geäußert. Wir haben in Lauda ein gewachsenes, ein bodenständig gewachsenes Schulsystem. Wir hatten auch eine gewachsene Grund- und Hauptschule, die als Werkrealschule bestimmt auch ihre Bedeutung hat. Aber man versucht nun durch die Gemeinschaftsschule dieses Individuum Mensch zu vereinheitlichen. Vielleicht ist das der Geist der Zeit, dass man jedem Menschen die gleiche Chance geben muss ist doch eine Selbstverständlichkeit. Es hat mir besonders weh getan zu lesen, dass die bisherigen Schulen, insbesondere die Realschule die Menschen ungleichmäßig behandelt hätte, sie ungleichmäßig gefördert hätte und sie nach dem Geldbeutel ihrer Eltern beurteilt hätte. Ich habe nie in meinem Leben, und ich weiß auch keinen Kollegen, der gesagt hätte „was verdient denn dein Vater?“ Dass man mir und allen Lehrkräften unterstellt wir hätten hier keine soziale Einstellung gehabt, das tut mir weh.
J.G.: Wenn auch in den letzten 60 Jahren die Schullandschaft in Lauda vielfältiger geworden ist, z.B. durch das Gymnasium, die Förderschule, die Werkrealschule oder die Gemeinschaftsschule, so hat die Realschule doch nach wie vor, wie in den letzten 60 Jahren, ihr eigenständiges Profil behalten und ausgebaut. Dadurch das man die Schüler seit Jahrzehnten mit einer erweiterten Bildung sehr erfolgreich sowohl auf eine Berufsausbildung als auch auf den Besuch einer weiterführende Schule vorbereitet, hat man ein Alleinstellungsmerkmal geschaffen. Das ist ein wesentliches Qualitätsmerkmal und deshalb hat die Realschule nach wie vor ihre Existenzberechtigung, ihre Eigenständigkeit und ihre Einmaligkeit. Man kann und muss feststellen, dass die Realschule erwiesenermaßen die Schulart ist, die wie keine Andere sozialen Aufstieg ermöglicht.
P.F.: Dies ist sehr richtig. Durch die Gemeinschaftsschule schwächt man nicht nur die Realschulen, sondern auch unser duales Schulsystem wird dadurch gefährdet, wenn man behauptet, dass die Gemeinschaftsschule auch bis zum Abitur führen kann und hier nun als Lockvogel dies auch anbietet.

Sehen Sie heute folglich einen Wettbewerb zwischen den Schularten oder wie ordnen sie das Nebeneinander der Schularten ein?
P.F.: Ein Wettbewerb zwischen den Schularten gibt es schon. Ein gesunder Wettbewerb unter den Schularten – solange er nicht ausartet – finde ich gut.
J.G.: Ein gesunder Wettbewerb ist unheimlich wichtig, denn von diesem gesunden Wettbewerb profitieren Schüler und Eltern, die Schulen, die Stadt und die ganze Region. In den letzten 10 Jahren wird mir aber deutlich, dass es weniger um das Gegeneinander, als vielmehr um das Miteinander zugunsten der Schulstadt Lauda-Königshofen geht. Ich glaube hier hat sich viel verändert. Speziell das Schulzentrum wird durch die gute Zusammenarbeit der drei Schulen, beispielsweise in den Bereichen Cafeteria oder gemeinsame Kooperationen, gestärkt. Dadurch profitieren schließlich alle ansässigen Schulen.

In so einer Runde müssen wir natürlich auch über Bildungspolitik sprechen und ich würde dies gerne etwas anders beginnen. Was können Sie der aktuellen Bildungspolitik denn positives abgewinnen?
P.F.: Ich war immer der Meinung, dass wir in unserer schulischen Arbeit dem parteipolitischen Einfluss, der immer da war, dass der aber nicht so drängend und die Lehrer beeinflussend da ist, wie jetzt.
J.G.: Etwas Positives ist, dass die Diskussion über Bildungspolitik, mehr als früher, in einer breiten Öffentlichkeit stattfindet, Stichwort "Bildungsplan 2016". Viele Jahrzehnte konnte man mit bildungspolitischen Themen in der Tagespresse oder im TV fast nur Fachleute erreichen. Heute interessieren sich deutlich mehr Bürger für Bildungspolitik.

Der große Eklat bei der Abschlussfeier 1970. Sie erinnern sich noch daran, Herr Faulhaber?
P.F.: Wir hatten eine Schülerin, die sich nicht nur schulisch, sondern auch außerschulisch betätigte. Und zwar war sie Schul- und Klassensprecherin und sie war vom Geist der 68er angetan und hat sich außerhalb der Schule mit diesen Ideen vertraut gemacht und auch versucht, sie in die Schule zu tragen. Diese Schülerin hat nun in einer Abschlussrede gemeint, dass sie nun die Dinge so wie die heute laufen in der Schule, dass man Autoritäten, dass man Pflichtbewusstsein, die Sekundärtugenden, dass man diese an der Schule zu groß herausstellt und dass es z.B. nicht möglich sei, dass ich darauf Wert lege, dass man den Gottesdienst in der Schule abhalte. Das gäbe es sonst nirgends. Dies sein eine doktrinäre Art, hier nun die Schüler zu zwingen, weil sie nun in der Schule sind, zum Gottesdienst zu gehen. Daraufhin hat der Dekan geschrien „Das muss ich mir nicht gefallen lassen!“ und ist aufgestanden und ist raus gegangen. Die Presse hat sich des Vorfalls bemächtigt und zu meinem Erstaunen nicht für die Schülerin, sondern für uns Partei ergriffen.

Herr Groß hatten Sie auch schon ihren ersten Eklat?
J.G.: Toi, toi, toi. Bisher ist in meiner Zeit kein großer Eklat passiert. Ich lege auch nicht unbedingt Wert darauf, dass einer passiert.

Zu ihrem 25. Dienstjubiläum haben Sie der Zeitung ein Interview gegeben, indem Sie gesagt haben, dass Sie schon sehr viele Erdteile bereist haben, außer Australien. Haben Sie das mittlerweile nachgeholt?
P.F.: Nein, das habe ich nicht nachgeholt und es stimmt auch nicht ganz. In Japan war ich auch noch nicht. Aber ich habe schon sehr viele Länder und Erdteile bereist, was sich mit meiner Funktion als Leiter der Volkshochschule verbinden ließ.

Herr Groß, wie sieht es mit Ihren Reisezielen aus?
J.G.: Meine Frau und ich durften schon viele Länder bereisen. Wenn unsere Kinder in einem Alter sind, das es uns wieder ermöglicht größere Reisen zu unternehmen, haben wir noch einige Länder im Auge. Mit ganz vorne dabei steht beispielsweise Südafrika.

Herr Faulhaber, Herr Groß, ich danke ihnen für das Gespräch.

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